Tag der regionalen Wirtschaft
Der WRZ will grösser denken – und einen Wirtschaftsraum im Verbund mit Olten prüfen
Die Köpfe des Verbandes Wirtschaft Region Zofingen (WRZ) wollen intensiv darüber nachdenken, welche Rezepte es gegen die «Verdorfung» gibt. Einer, der schon lange grösser denkt, ist der diesjährige Preisträger des WRZ-Awards, Hans-Ruedi Hottiger.
Die Gästeliste am diesjährigen Tag der regionalen Wirtschaft war lang: Über 100 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Politik fanden sich am Montag bei der Franke Industrie AG in Aarburg ein, um den wichtigsten Netzwerk-Anlass in der Region nicht zu verpassen. Unter den Gästen war auch Volkswirtschaftsdirektor Dieter Egli, der über die künftige Nutzung der Festung Aarburg sprach; seine Anwesenheit war eine erneute Einladung an den Verband Wirtschaft Region Zofingen (WRZ), sich beim anstehenden Prozess mit aller Kraft zu engagieren.
Die vorgängige Generalversammlung des WRZ war wie immer Formsache. Präsident Peter Gehler kündigte an, dass es Zeit sei, über seine Nachfolge nachzudenken – er ging Anfang Januar bei der Siegfried AG, wo er ein Vierteljahrhundert tätig war, in Pension. Er werde sich nach einer geeigneten Person umsehen, sagte er.
Aus dem WRZ-Vorstand zurück traten Roger Wymann und Cindy Schenk. Wymann wird die Leitung des Abwasserverbandes Aarburg übernehmen und deshalb die Rivella AG, bei der er als Leiter Engineering tätig ist, verlassen. Schenk ist bereits per Ende Jahr ausgeschieden, weil sie zu diesem Zeitpunkt die Hunkeler AG verlassen hat.
Neu zur WRZ-Spitze stossen Daniel Erni und Martina Pfeiffer. Erni ist CEO der Hunkeler AG in Wikon und vertritt damit auch die Müller Martini Gruppe, die vor kurzem die Hunkeler AG übernommen hatte. Ausserdem ist er der Vertreter der Luzerner Gemeinden im WRZ-Vorstand. Martina Pfeiffer ist Leiterin Supply Chain bei der Rivella AG und Mitglied der Geschäftsleitung.
Ein Jahr mit Hiobsbotschaften und Misstönen
Für den regionalen Wirtschaftsverband gab es im letzten Jahr diverse «Hiobsbotschaften», wie Peter Gehler in seiner Ansprache sagte. Bedeutende, traditionsreiche Unternehmen schlossen oder schliessen ihre Tore: Bethge, Benteler, Swissprinters. Zimmerli, eine absolute Weltmarke, zieht nach Zürich. «Die Ansiedlungen, die dem gegenüberstehen, können diese massiven, schmerzhaften Abgänge nicht ersetzen», so Gehler.
Der WRZ weise seit langem darauf hin, dass die Region Zofingen nicht gut aufgestellt sei. Ein Grund sei mit grosser Bestimmtheit, dass die Lokomotive der Region, die Stadt Zofingen, zu wenig PS habe. «Das ist keine Kritik. Das ist eine Feststellung», sagte Gehler. Das Zentrum der Region sei zudem stark zersplittert. «Für einen wirtschaftlichen Aufbruch, für Profil und Aussenwirkung ist das eine denkbar schlechte Ausgangslage.»
Die Zusammenarbeit in der Region Zofingen funktioniere «in Tat und Wahrheit nur, wenn es kantonalen Druck gibt». Die grossen Gemeinden sängen zwar das hohe Lied der Zusammenarbeit; darin seien aber «viele, sehr viele Misstöne zu hören». – «Tatsache ist, dass es angesichts dieser Misstöne nicht einmal möglich war, die Elektrizitätswerke zu fusionieren.» Die Argumente dagegen seien sehr dünn gewesen. «Es waren eher Emotionen, die diesem aus regionaler Sicht wichtigen Anliegen den Garaus machten.» Wenn man jahrelang «Verdorfung» betreibe und über Zofingen schimpfe, werde es schwierig, den Stimmbürgern und Stimmbürgerinnen plötzlich solche Fusionen zu empfehlen, auch wenn sie rational gesehen mehr als sinnvoll wären.
Der WRZ will Zusammengehen mit Olten prüfen
Für eine Profilierung über die engere Region hinaus müsse der WRZ angesichts der Umstände grösser denken. Zur Debatte steht die Idee eines Wirtschaftsraums Olten-Zofingen. «Ein gemeinsamer, starker, grosser Wirtschaftsraum mit zwei Wirtschaftsförderungen, die weiterhin selbständigen sind, aber eng zusammenarbeiten, wäre allenfalls ein erster Schritt in die richtige Richtung», so Gehler. Dieser Wirtschaftsraum würde von Dagmersellen bis Olten reichen und drei Kantone umfassen. «Ein solcher Raum könnte tatsächlich nationale Ausstrahlung erreichen, wenn man positiv und mit offenem Visier zusammenarbeitet.» Der WRZ will in diesem Jahr das Projekt intensiv vorantreiben, sich mit den Entscheidungsträgern austauschen und auch eine Arbeitsgruppe einsetzen.
Dass im Anschluss an Gehlers Rede ausgerechnet Hans-Ruedi Hottiger mit dem WRZ-Award geehrt wurde, passte ins Bild: Hottiger hat stets versucht, grösser zu denken. Der ehemalige Stadtammann von Zofingen ist die zweite Persönlichkeit, die den Award erhält. Der letztjährige Preisträger, der Bauunternehmer Roland Hallwyler, bezeichnete Hottiger als charismatischen Politiker, der sein Handeln stets an Strategien und deren pragmatische Umsetzung geknüpft habe.
«Stadt wie ein Unternehmen geführt»
Hottigers Augenmerk habe stets dem Grundsätzlichen gegolten, meinte Peter Gehler. «Für die Wirtschaft der Region war er ein äusserst wertvoller Ansprechpartner.» Mit der Schaffung einer strategischen Landreserve für die Ansiedlung von Unternehmen mit hoher Wertschöpfung habe er der Stadt Zofingen und der ganzen Region ein wichtiges Mittel in die Hand gegeben, das sich noch als sehr wertvoll erweisen werde. «Aus Sicht des WRZ entscheidend war sein entschlossener Einsatz für eine neu strukturierte Wirtschaftsförderung in unserer Region, nachdem das Regionalmarketing von zofingenregio krachend zusammengebrochen war.» Hottiger habe sofort erkannt, dass es einen Ersatz brauche.
Der Preisträger selbst meinte – nicht ohne den für ihn typischen Schalk im Nacken –, dass die Auszeichnung mit dem WRZ-Award bei ihm Erinnerungen an seine ersten Jahre als Stadtammann weckten. Damals sei ihm mehrmals mit einem vorwurfsvollen Unterton gesagt worden, dass er die Stadt regiere wie ein Unternehmen. «Rückblickend weiss ich, dass dies ein Kompliment gewesen ist», so Hottiger.