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Dieter Egli am Donnerstag im Meetingraum der Schärer & Schläpfer AG in Rothrist; links Verena Rohrer, die Leiterin Standortförderung. | Bild: Markus Schneeberger
25.01.2025

Regierungsrat Egli besuchte Schärer & Schläpfer AG

Regierungsrat Egli besuchte eine «Perle» unserer Region. Eine Perle, die man kaum sieht, weil sie zwischen Benteler- und Strebel-Areal eingeklemmt ist, aber umso stärker glänzt, wenn man sie besucht.


«Viele Leute wissen oft gar nicht, welch spannende Unternehmen wir im Kanton haben»

Volkswirtschaftsdirektor Dieter Egli hat am Donnerstag die Chemische Fabrik Schärer & Schläpfer AG in Rothrist besucht – und hörte sich dabei die Sorgen, die das KMU umtreibt, vor Ort an. Das ZT war beim Rundgang und bei der Diskussion dabei.

«Zuhören, Bedürfnisse abholen und wissen, was Unternehmen beschäftigt»: Unter dieser Prämisse besucht der Aargauer Volkswirtschaftsdirektor Dieter Egli (SP) regelmässig grössere und kleinere Unternehmen im Kanton. Am Donnerstag war er zu Gast bei der Chemischen Fabrik Schärer & Schläper AG in Rothrist. Begleitet wurde er von Verena Rohrer, der Leiterin der Standortförderung, und Markus Rudin, dem Leiter des Amtes für Migration und Integration.

Das Unternehmen wird 2027 sein 80-Jahr-Jubiläum feiern. Gegründet wurde es 1947 von den Brüdern Otto und Werner Schärer sowie Willi Schläpfer; 1965 übernahm mit Heinz Schärer die zweite, 2001 mit Rolf Schärer die dritte Generation. Anfangs dieses Jahres haben Roland Borner und Manuel Blunier das Unternehmen übernommen und führen es gemeinsam. Beide waren zuvor bereits während vielen Jahren im Unternehmen tätig. Rolf Schärer ist nach wie vor als technischer Direktor im Team dabei.

Das Unternehmen beschäftigt rund 40 Mitarbeitende und macht einen Umsatz in zweistelliger Millionenhöhe. 80 Prozent der Produkte gehen ins Ausland, der grösste Teil in die EU. 

«Jede Sekunde des Lebens in Kontakt»

Schärer & Schläpfer stellt Substanzen her, mit denen «wir jede Sekunde unseres Lebens in Kontakt sind», wie es Manuel Blunier formulierte. Spezialisiert ist das Unternehmen auf massgeschneiderte Tenside. Tenside bewirken, dass zwei nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten – zum Beispiel Öl und Wasser – vermengt werden können. Abnehmer sind beispielsweise Hersteller von Dusch- und Haarwaschmitteln, aber auch Produzenten von Schmierstoffen, die in der Autoindustrie zum Einsatz kommen. 

Bei manchen Herausforderungen, vor denen das Unternehmen steht, habe der Kanton kaum oder keinen Einfluss, stellte Volkswirtschaftsdirektor Egli nach dem Rundgang fest. Als Exportunternehmen ist Schärer & Schläpfer beispielsweise mit einer «Flut von neuen Regularien» konfrontiert, die Ressourcen binden und Kosten verursachen, wie Co-Direktor Roland Borner sagte. Ein Beispiel ist die anstehende Beschränkung des Stoffs 1,4-Dioxan in Tensiden, um das Trinkwasser zu schützen. Künftig sollen diese nur noch minimalste Spuren der Substanz enthalten dürfen. Die künftigen Vorschriften sind sehr streng; «dank unserer Innovationen liegen wir aber schon heute deutlich unter den geltenden Grenzwerten», so Borner.

Fachkräftemangel beschäftigt Firma seit Jahrzehnten

Bei anderen Hürden, vor denen das Unternehmen täglich steht, habe der Kanton durchaus Handlungsspielraum, so Dieter Egli. Eine davon ist der Fachkräftemangel. Bereits seit Jahrzehnten steht die Schärer & Schläpfer AG vor der Schwierigkeit, geeignete Leute für ihre Jobs zu finden. Eine besondere Knacknuss ist der Laborbereich; Laborantinnen und Laboranten sind dünn gesagt; junge Leute, die in diesem Beruf anfangen, bilden sich weiter und verlassen das Labor bald wieder.  Die grösste Konkurrenz für das Rothrister Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt ist Basel – die dort ansässigen grossen Chemie- und Pharmafirmen sögen den Stellenmarkt quasi leer, sagte Borner. 

Dass Unternehmen queerbeet im Kanton mit dem Fachkräftemangel konfrontiert sind, hänge wohl auch damit zusammen, dass sich Aargau noch zu schlecht verkaufe, meinte Dieter Egli. «Viele Leute wissen oft gar nicht, welch spannende Unternehmen wir im Kanton haben.» Ein Angebot sei die Plattform «Work Life Aargau», auf der Jobsuchende Unternehmen und Stellen entdecken können. 

Ein Thema bei der Diskussion war das dem Fachkräftemangel vorgelagerte Thema: Die Schule bereite Heranwachsende immer schlechter auf Jobs in der Industrie vor; Schulabgänger seien sich Leistungsdruck nicht mehr gewohnt. Tatsächlich müsse die Schule immer mehr gesellschaftliche Themen auffangen, meinte Dieter Egli dazu. «Wir müssen die Industrie in der Schule wieder zu einem wichtigeren Thema machen.» 

Anschlussgleis als Lebensader

Vorbildlich sei die Zusammenarbeit der Schärer & Schläpfer AG mit Hochschulen, stellte Egli fest. Der enge Austausch zwischen Bildungsinstitutionen und Unternehmen sei zentral für den Standort Aargau. Das Rothrister KMU hat zurzeit gleich zwei Innosuisse-Projekte am Laufen; Innosuisse ist die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung, die Unternehmen, Start-ups und Forschungsinstitutionen bei ihren Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten unterstützt.

Zur Sprache kamen bei der Diskussion auch zwei fundamentale Themen, mit denen sich die Schärer & Schläpfer seit langem beschäftigt. Das eine ist der Platzmangel. Das Unternehmen ist auf dem ehemaligen Strebel-Areal mit einem Lager eingemietet. Wie es auf der 26’000 Quadratmeter grossen Fläche, auf der 2017 ein Grossbrand wütete, weitergeht, ist unklar. Die Eigentümerin, die Reconsa AG, ging 2022 in Konkurs; der Fall liegt beim Gericht. 

Das zweite Thema ist das Bahn-Anschlussgleis – quasi die Lebensader der Schärer & Schläpfer AG. Hier verfolge man die übergeordneten Entwicklungen im Güterverkehr genau – und sei froh, wenn der Kanton diesbezüglich ebenfalls wachsam sein.  Dieter Egli versprach, dass der Kanton diesbezüglich sein Möglichstes tue. «Wir sind pragmatisch und realitätsnah», meinte er. Die Kleinräumigkeit der Schweiz – wo im Gegensatz zu anderen Ländern ein Minister mit KMU-Vertretern regelmässig an einem Tisch sitzt – sei ein grosser Vorteil.